Kolumne

Erlebnisse während der Woche der Religionen

Im Nachklang zur Woche der Religionen bin ich etwas erschöpft, aber auch erfüllt und angeregt. Ich war seit dem Sommer in Vorbereitungen involviert gewesen und habe nun an mehreren Anlässen mitgewirkt

Ich fuhr zu den Veranstaltungen in verschiedene Städte, besuchte dabei eine Kirche, eine Moschee, ein Museum und ein Kino. So unterschiedlich, wie die Orte und Lokalitäten waren, so vielfältig waren die Inhalte, die Ansätze, die Themen, die Flughöhen und das Publikum. Manchmal leitete ich ein Gespräch, manchmal war ich Gast. Eine Menge Perspektivenwechsel konnte, musste und durfte ich vollziehen.

Einmal ging es um persönliche Glaubenserfahrungen von Menschen aus verschiedenen religiösen Traditionen. Es war gar nicht so einfach, bei mir selbst zu bleiben und nicht in das Abhandeln von Lehrmeinungen abzudriften. Ein anderes Mal ging es in einem Gespräch über belletristische Literatur darum, in einen interreligiösen Austausch darüber zu kommen, obwohl die Literatur nicht in der eigenen Religionstradition verortet war. Ich erlebte, wie viel Potenzial dieser Ansatz birgt.

An einem weiteren Anlass ging es um kantonale Religionspolitik, um rechtliche und gesellschaftliche Anerkennung und Teilhabe, um institutionelle Beziehungspflege, um die riesige Bandbreite von Religionsgemeinschaften und Religiosität und um die Notwendigkeit, die zunehmende Komplexität zu gestalten und zu managen.

Eine Veranstaltung drehte sich um Antisemitismus und antimuslimischem Rassismus. Dass die Fallzahlen und die Schwere der Verletzungen zunehmen, ist mittlerweile bekannt. Auch ist es eine Tatsache, dass Ereignisse in der Welt gerade auch junge Menschen beschäftigen und die herrschenden Konflikte nicht Halt vor den Klassenzimmern machen. Aber auch gegenüber Lehrkräften werden immer wieder rassistische Äusserungen beklagt, denen sich die Opfer oft machtlos gegenübersehen. Dass muslimischen Opfern von der Polizei teilweise abgeraten wird, Anzeige zu erstatten, weil eine Verfolgung aussichtslos sei, muss zu denken geben.

Unsere Demokratie lebt vom Vertrauen in die Institutionen! Ist dieses ramponiert, droht die Loyalität zu Staat und Gesellschaft abzunehmen.

Und mit einem Mal sind die Inhalte aus den Veranstaltungen alle miteinander verwoben und Teil der grossen Themen unserer Zeit. Sie verlangen nach Auseinandersetzung, Sensibilisierung und Engagement – nicht nur in der Woche der Religionen.

Amira Hafner-Al Jabaji

kam in Bern als Tochter eines irakischen Vaters und einer deutschen Mutter zu Welt. Als Schweizer Muslimin und Islamwissenschaftlerin engagiert sie sich seit 30 Jahren im Bereich der interreligiösen Verständigung. Sie arbeitet als freischaffende Publizistin und Journalistin und präsidiert den Interreligiösen Think-Tank in der Schweiz.