Hören, riechen, fühlen, sehen, schmecken, tasten. Es ist für alle etwas dabei. Für alle Sinne, wohl aber auch für ein breites Publikum jeglichen Alters. In einer Ecke sitzt ein junger Mann, streckt entspannt seine Beine unter dem Tisch lang, grosse Kopfhörer auf den Ohren. Bedächtig malt er mit einem Farbstift auf ein Blatt, vor ihm eine hohe Wand, an der sich bereits andere Besucherinnen und Besucher mit ihren Blättern verewigt haben. Eine andere schiebt an einem Board Klötze umher, es scheint ihr Spass zu machen. Auch sie grosse Kopfhörer, sie hört die Musik, die sie durch ihre Bewegung auf dem interaktiven Board komponiert. Die Ausstellung «Raga Mala» ist zum Mitmachen konzipiert, und wer sich einlässt, scheint bei der Betätigung Ruhe aufzusaugen.
«Raga Mala» ist eine indische Kunstform, bei der drei Kunstformen verschmelzen: Miniaturmalerei, Musik und Poesie. Die Grundlage jedes «Raga Mala» ist eine menschliche Emotion, zum Beispiel Freude. Sie wird gemalt, in einem Gedicht ausgedrückt und mit Instrumenten vertont. Das Besondere ist nun, dass der Betrachter alle drei Formen gleichzeitig auf sich wirken lässt: Während er die Musik hört, betrachtet er die Malerei und während er das Bild auf sich wirken lässt, liest er das Gedicht dazu. Im Museum Rietberg sind dazu Vitrinen aufgebaut, grosse Kopfhörer daran, das Setting erlaubt einem, ganz einzutauchen in das jeweilige Kunstwerk mit seinen drei sinnlichen Facetten.
Die Ausstellung präsentiert rund fünfzig Meisterwerke der «Raga Mala»-Malerei aus der Sammlung des Museums, ergänzt durch Werke zeitgenössischer Miniaturmaler. Im Kontrast der Epochen ist die unglaublich feine, kleinteilige und detailverliebte Ausgestaltung der älteren Miniaturmalereien auffallend. Gemalt wurde mit Pinseln, die zum Teil nur aus einem einzigen Haar des Eichhörnchen-Schwanzes bestehen. Borstig genug und im idealen Winkel gebogen erlaubten die feinen Haare den Künstlern, Details in ihrer Malerei zu verstecken, so klein, dass eine Lupe oft hilfreich wäre. Viele Details sind aufgeladen mit symbolischem Gehalt.
«Raga Mala» wird seit 600 Jahren weitergegeben, lange ohne schriftliche Aufzeichnungen. Bis heute lernen Menschen die Musikinstrumente, die Mal- und Dichtkunst, indem sie Meister über Jahre begleiten. Auch Frauen sind inzwischen in die Meisterschaften eingeweiht. Drei dieser Meisterinnen und Meister sind via Bildschirm in der Ausstellung präsent und lassen die Betrachterinnen teilhaben an dieser uralten Kunst, Emotionen einen Ausdruck zu verleihen.
Öffnungszeiten
Di–So, 10.00–17.00 Uhr,
Mi bis 20.00 Uhr
Ausstellung bis 19. Januar
www.rietberg.ch