Wir haben 1904 und der Fall scheint klar: Die Näherin Frieda Keller gesteht, ihren fünfjährigen Sohn getötet zu haben. Ansonsten schweigt sie.
Dieses hartnäckige Schweigen bringt Staatsanwalt Walter Gmür zunehmend aus der Fassung. Wie kann diese törichte Frau nur so verstockt sein und sich damit selbst schaden?
«Friedas Fall» – erzählt nach historischen Begebenheiten – macht St. Gallen zur Kammerbühne. Mit wenigen Figuren und Schauplätzen wird das Bild einer kleinen Welt gezeichnet.
Einer Welt, in der vergewaltigte Frauen ihre Ehrbarkeit verlieren und Vergewaltiger ungeschoren davonkommen. Insgeheim spürt Staatsanwalt Gmür längst, dass hier der Grund für Friedas Schweigen und ihr Drama liegt: Sie sagt nichts, weil sie nicht gehört wird.
Erst als sich der aufstrebende Rechtsanwalt Arnold Janggen der Verteidigung annimmt, scheint Frieda endlich auf offene Ohren zu stossen. Bis Janggen, um den Prozess zu gewinnen, Frieda erschreckend brutal wieder genau jene Würde nimmt, die sie sich unbedingt bewahren wollte. Janggen mag der «Sache der Frauen» offener gegenüber stehen als Gmür. Wenn es jedoch um Karriere geht, bleiben beide Männer kleinmütig im Patriarchat verhaftet.
Dabei wüssten Gmür wie Janggen längst, wie befreiend eine Beziehung auf Augenhöhe sein könnte. Sowohl Erna Gmür wie Gesine Janggen sind emanzipierte Frauen, die von ihren Männern gerade deshalb so geliebt werden, weil sie ihnen ebenbürtig sind.
Die kleine Welt von 1904 ist für alle Figuren auch eine enge Welt. Darin ist Frieda mitnichten die Verstockteste unter all den Sprachlosen. «Friedas Fall» ist ein erschütterndes Drama und keine Geschichtslektion mit dem Zeigefinger. Das ist seine grosse Stärke. Und das starke Ensemble, das bis in die Nebenrollen stimmig besetzt ist. Überflüssig dagegen ist der aufdringliche Breitleinwand-Sound. Er wird der Subtilität von «Friedas Fall» nicht gerecht.
«Friedas Fall» unter Leuten
Wir besuchen gemeinsam am Donnerstag, 23. Januar 2025 eine Vorstellung von «Friedas Fall».
Ort: Arthouse Le Paris (Stadelhofen)
Zeit: ca. 18 Uhr
Die definitive Vorführzeit finden Sie an dieser Stelle ab Mittwoch, 15. Januar 2025, oder auf der Website der Arthouse-Kinos.
Wichtiger Hinweis:
Eine Anmeldung ist nicht erforderlich. Alle Teilnehmerinnen/Teilnehmer besorgen sich eigenständig eine reguläre Eintrittskarte an der Kinokasse oder im Vorverkauf.