Kolumne

«Hoffnungsträger für eine besser Zukunft»

Die neue Geschäftsführerin erklärt, was die Stiftung Weltethos zu Verständigung und Frieden beitragen kann.

Lena Zoller, Geschäftsführerin Weltethos

In einer Welt, die von Krisen und Unsicherheiten geprägt ist, stehen wir vor grossen Herausforderungen: gesellschaftliche Spaltung, ein zunehmender Rechtsruck, die Klimakrise, geopolitische Konflikte und wachsende soziale Ungleichheit verlangen nach Lösungen, die weit über politische oder technologische Antworten hinausgehen. Wir brauchen vor allem eine ethische Orientierung, die uns als Gesellschaft zusammenhält und uns in schwierigen Zeiten leitet.

Der Schweizer Theologe und Philosoph Hans Küng stellte sich bereits in den 1980er- Jahren die Frage, wie ein gutes, friedliches Zusammenleben möglich ist. Küng war überzeugt: Wo Menschen friedlich zusammenleben wollen, braucht es gemeinsame Spielregeln. Sein Projekt Weltethos zielt darauf ab, diese verbindenden Werte und Haltungen zu entdecken und zu stärken. Sein Slogan gilt nach wie vor: «Kein Frieden unter den Nationen ohne Frieden unter den Religionen. Kein Frieden unter den Religionen ohne Dialog zwischen den Religionen. Kein Dialog zwischen den Religionen ohne gemeinsame ethische Standards.»

Ein gutes Miteinander der Religionen ist also für den gesellschaftlichen Zusammenhalt unerlässlich. Dies ist bei der stetig wachsenden religiösen Vielfalt – auch in der Schweiz – von grosser Bedeutung. In einer Demokratie tragen religiöse Akteure und Akteurinnen eine besondere Verantwortung. Sie sind nicht nur moralische Instanzen, sondern mitverantwortlich für das Bemühen um gemeinsame Werte. Sie können und sollten sich aktiv für den interreligiösen Dialog und eine gerechtere, friedlichere Gesellschaft einsetzen.

Die Stiftung Weltethos und das von ihr getragene Weltethos-Institut an der Universität Tübingen arbeiten daran, gemeinsame Werte zu stärken und erlebbar zu machen – in Politik, Wirtschaft, Kultur und im Privaten, über Grenzen von Religionen und Weltanschauungen hinweg. Konkret engagieren wir uns in den Bereichen Interreligiöses, Pädagogik, Frieden und Wirtschaft. Die Weltethos-Ausstellung informiert beispielsweise über die ethischen Grundlagen von acht grossen Religionen. Schulen können sich als Weltethos-Schulen auszeichnen lassen, um eine werteorientierte Schulkultur zu etablieren. Kommunen und Organisationen werden im Umgang mit weltanschaulicher Vielfalt beraten und geschult.

Unsere Arbeit zeigt, dass Dialog und interreligiöse Zusammenarbeit keine abstrakten Begriffe sind: Sie bauen Brücken zwischen Menschen unterschiedlicher Herkunft und Weltanschauungen. Angesichts globaler Herausforderungen ist diese Brückenfunktion unverzichtbar. Denn nur durch gegenseitigen Respekt, eine offene Streitkultur und das Streben nach gemeinsamem Wohl können wir die Krisen unserer Zeit bewältigen.

Weltethos bietet uns einen moralischen Kompass für eine bessere Zukunft. Denn ein friedliches, gerechtes Zusammenleben entsteht nicht einfach von selbst. Es braucht Menschen, die mutig und entschlossen für gemeinsame Werte eintreten, Organisationen, die den interreligiösen Dialog fördern, und jeden einzelnen, um Brücken zu bauen. Weltethos ist daher nicht nur heute dringend notwendig, sondern auch ein unverzichtbarer Hoffnungsträger für die Zukunft.

Lena Zoller ist Geschäftsführerin der Stiftung Weltethos.
Die Friedens- und Konfliktforscherin ist verheiratet und hat zwei Kinder.
www.weltethos.org