Tipps der Redaktion

Blick hinter die Armut

Illustration mit einer fallenden Person

Ausstellung: Arme Schweiz

Ein begehbarer Comic: Lika Nüssli hat die Wände der Galerie Litar mit Originalzeichnungen und raumhohen Sprechblasen bemalt. Die Künstlerin hält damit die Erinnerungen ihres Vaters als Verdingkind fest – und damit auch ein Stück Schweizer Geschichte.

Eine Toninstallation lässt Albert Minders lebhafte Erzählungen erklingen. Der Maler und Schriftsteller (1879–1965) hat als Erster in der Schweiz das Leben seiner heimatlosen Vorfahren erzählt und so aktuelle und zeitlose Themen wie Herkunft, Familienbande, Arbeit und Armut behandelt. Weitere Originaldokumente und Fotografien geben Einblick in eine wenig bekannte Schweiz.

—Bis 5. April,
Mi–Fr, 14.00–18.00 Uhr,
Sa 13.00–16.00 Uhr
Eintritt Fr. 8.–/5.– ermässigt
Galerie Litar, Letzistrasse 23, Zürich
www.litar.ch


Buchcover von «Am Rande mittendrin»

Buch: Am Rande mittendrin

«Und dann geschah e s …» – mehr sagt Urs Habegger nicht über den Schicksalsschlag, der ihn vom Abteilungsleiter zum Verkäufer des Strassenmagazins «Surprise» machte. Wortgewandt erzählt er von seinen mal comedyreifen, mal berührenden Begegnungen aus der Bahnhofunterführung Rapperswil. Hier verkauft Habegger tagtäglich von morgens bis abends sein Heft. Unterhaltsam seine Fantasiereisen: «Bäuchlings in ihren Gedanken liegend» begleitet er eine Bekannte, die am Morgen bei ihm vorbeikam, auf ihren Langlauftag in Sonne und Schnee – während er in Wirklichkeit in der dunklen und zugigen Unterführung bleibt. Ein Buch, das von positiver Kraft, Humor und feiner Tiefsinnigkeit nur so sprudelt.

— Am Rande mittendrin
Urs Habegger, 
elfundzehn 2024 (3. Ausgabe).
137 Seiten, um 24.80 Franken.


Filmplakat mit drei Personen, die in die Kamera schauen

Film: Verzweifelt mutig

Die lebensfreudige und unkonventionelle Jule gerät durch die Umstände ihrer Armut in Schieflage: Sie mogelt, klaut und hält sich mit Halbwahrheiten über Wasser – um für ihre Kinder den Schein von Normalität zu wahren – während ihre Mitmenschen wegsehen, sich abwenden, peinlich berührt sind. Jule findet sich nicht ab mit den Strukturen und Zwängen, die Armutbetroffene erleben. Ihre Geschichte ist darum auch erfüllt von Mut, Chuzpe und Unverfrorenheit. Ein Film übers Armsein in der reichen Schweiz, der nicht kaltlässt. Der Debüt-Spielfilm der Schweiz-Amerikanerin Jasmin Gordon feierte auf dem Zurich Film Festival Europapremiere und wurde mit dem Filmpreis der Zürcher Kirchen ausgezeichnet.

— Les Courageux
Schweiz 2024 / Kinostart 13. März
Regie: Jasmin Gordon
Preview am 9. März, 11.00–13.00 Uhr im
Kino Riffraf. Veranstalter: Paulus Akademie