Regionale Story
«Ich habe es gern, wenn es in die Tiefe geht»
Palliative-Care-Seelsorger Daniel Burger-Müller
Eva Meienberg
Erschienen am 29.01.2025
in Ausgabe 02/2025
Heute Morgen war ich zu Besuch bei einer betagten Frau in Oerlikon. Am Ende ihres Lebens ist sie voller Dankbarkeit und kommt mir vor wie ein Lichtstrahl. Ich hoffe, dass ich auch mal so sein werde. Wir von der Palliativseelsorge besuchen schwer kranke Menschen aller Religionszugehörigkeiten. Wir sind Teamworker zusammen mit anderen Profis im Gesundheitswesen und leisten damit einen Service public für die Menschen im Kanton Zürich.
Ich bin als Bauernsohn in Appenzell Innerrhoden in einer heilen Welt aufgewachsen. Die Landschaft, die Musik und Bräuche haben mich geprägt. Mein Vater hat an Heiligabend, Silvester und an Dreikönig mit Glut und Weihrauchkörnern in einer Kupferpfanne das Haus gesegnet. «Räuchlen» tue ich auch heute noch. Bei den Kapuzinern in der Schule habe ich gelernt, das Leben als Ganzes zu verstehen.
Ich habe es gern, wenn es in die Tiefe geht, darum habe ich Theologie studiert. Meine Frau ist auch Theologin. Wir sind seit 27 Jahren verheiratet und haben drei erwachsene Kinder. Unsere Beziehung ist für mich wertvoll, auch weil sie sich immer wieder verändert. Ich liebe die Arbeit im Gesundheitswesen, weil kranke Menschen eher bereit sind, über wichtige Dinge zu sprechen. Manche sehe ich einmal, andere begleite ich über Monate. Die einen mögen an einem Tag nur zehn Minuten sprechen. Diese kostbare Zeit sparen sie auf für das Allerwichtigste. Das ist nicht immer das Gespräch mit dem Seelsorger. Von meinem Naturell aus habe ich eine Begabung, gut zuzuhören und das Gegenüber zu spüren. In den Gesprächen geht es oft um Autonomie, um Beziehungen, um Sinn und Identität, manchmal um Belastendes von früher. Manchmal um die Liebe, manchmal um den Tod, und oft um die Befindlichkeit.