Drei Männer unterhalten sich in einer dunklen Kneipe

Kino unter Leuten

«Kneecap»

Es geht rau zu und her in diesem Hip-Hop-Biopic. Sehr rau! – Die überdrehte Energie erinnert an den Kultfilm «Trainspotting» und erzählt doch eine ganz eigene Geschichte, denn «Kneecap» spielt in Belfast, wo es scheinbar ausschliesslich verlorene Generationen gibt, weil die jahrzehntelange Gewalt die Gesellschaft so nachhaltig kaputt gemacht hat.

Der Trip beginnt auf einer Polizeiwache, wo sich Liam nach einer wilden Partynacht weigert, Englisch zu sprechen. Der Irisch-Lehrer JJ soll deshalb dolmetschen, hilft aber Liam mehr als der Polizei. Es ist der Beginn einer explosiven Freundschaft. Liam und sein Kumpel Naoise liefern die Lyrics, JJ den Beat. Zusammen werden sie zu «Kneecap», rappen auf irisch und treffen mit ihrer entfesselten Energie den Nerv der Jugend von Belfast.

«Kneecap» gibt es wirklich. Die Band-Mitglieder spielen sich selbst. Auch wenn ihre Texte und ihre Attitüde bisweilen anstössig und abstossend wirken, wurde ihre Geschichte glücklicherweise weder im Tonfall noch in der Bildsprache auf wohlfühlig gebürstet. Der gesetzte Zuschauer wird brachial aus seine Komfortzone gerempelt. Und das ist gut so.

Denn dadurch wird ihm bewusst, dass es hier letztlich nicht um betäubende Berauschung geht, sondern um die Rebellion einer Jugend, die seit Generationen dazu genötigt wurde, im brutalen Kampf irisch gegen englisch und englisch gegen irisch ihren gesamten, zerstörerischen Lebenssinn zu sehen. «Kneecap» stellt sich zwischen diese Fronten. Das bri­tische Establishment wird mit einem Sperrfeuer an irischen Wortsalven attackiert. Der irischen Vätergeneration wird schonungslos ihre blinde Kriegsbesessenheit vorgehalten. Wer sich das traut, muss wohl ziemlich durchgeknallt sein.

«Kneecap» verlässt sich allerdings nicht bloss auf seine mitreissende Inszenierung und brachiale Konfrontationen. Es gibt auch die leisen Momente, in denen die Traumatisierung Belfasts vielleicht noch eindrücklicher spürbar wird. Die eindringlichste der leisen Stimmen gehört Naoises Mutter Dolores. Ihren Nuancen sollte man im ganzen Wortgefecht besonders aufmerksam zuhören.

Wir schauen uns «Kneecap» am 11. März gemeinsam an.
Genaue Zeit und Ort finden Sie hier ab dem Donnerstag, 6. März 2025.