Die Zwölf

Die Zwölf

Regeln fördern Kreativität – beim Umgehen. Das gilt auch für die Fastenzeit.

1. Fisch
Papst Gregor der Grosse hat Ende des 6. Jahrhunderts den Verzehr von warmblütigem Fleisch in der Fastenzeit verboten. In der Folge wurde Fisch zum begehrten Fleischersatz. Klöster abseits von fischträchtigen Gewässern legten Fischteiche an.


2. Vögel
Hrabanus Maurus, im 9. Jahrhundert Abt von Fulda, soll das Poulet auf den Fastentisch gebracht haben, indem er argumentierte, die Vögel des Himmels seien am gleichen Schöpfungstag erschaffen worden wie die Fische des Meeres. Also seien sie diesen gleichzusetzen.


3. Biber
Weil der Biber so viel Lebenszeit im Wasser verbringt, wurde er kurzerhand zum Kaltblüter ernannt und auf die Speisekarte gesetzt. Mancherorts wurden Biber dadurch beinahe ausgerottet.

Ein schwimmender Biber

4. Starkbier
In mittelalterlichen Klöstern brauten Mönche ein Starkbier, mit dem sie trotz Fastenzeit auf Kalorien kamen. Sie rechtfertigten das Gebräu mit der Behauptung: «Flüssiges bricht das Fasten nicht.»


5. Schokolade
Bruder Girolamo di San Vincenzo liess 1569 den Papst von der neu entdeckten Spezialität aus Übersee kosten. Der Papst entschied, etwas so scheusslich Schmeckendes verstosse nicht gegen das Fastengebot.


6. Marzipan
Selbst die grössten Theologen nehmen oft zu erstaunlich alltäglichen Fragen Stellung. Thomas von Aquin beispielsweise soll festgehalten
haben: «Marzipan bricht das Fasten nicht.» Das «Brot» aus Mandeln brachte Abwechslung in die eintönige Speisekarte der Fastenzeit.


7. Striezel
Das in Deutschland und Österreich beliebte Fastengebäck aus Hefeteig etablierte sich, nachdem im 15. Jahrhundert Butter vom Fastengebot ausgenommen wurde. Allerdings nur für Kaufkräftige, weil die Kirche ein «Buttergeld» für den Kirchenbau einforderte.


8. Maultaschen
Die Legende erzählt, dass die Zisterzienser im schwäbischen Heilbronn ausgerechnet in der Fastenzeit ein köstliches Stück Fleisch geschenkt erhielten. Um es nicht verkommen zu lassen, hackten sie es klein, vermischten es mit Kräutern und versteckten es im Nudelteig. So soll die Maultasche entstanden sein – auch «Herrgottsbscheisserle» genannt.

Maultaschen in der Suppe

9. Falscher Rehbraten
Im ersten gedruckten, deutschsprachigen Kochbuch, herausgegeben 1485 in Nürnberg, gibt es eine Anleitung zum falschen Rehbraten. Gewürze, Mandeln, Trockenfrüchte, Weissbrot, Zucker und frischer Ingwer werden so zubereitet, dass sie einem echten Rehbraten zum Verwechseln ähnlich sehen. Wegen der exquisiten Zutaten war das jedoch ein luxuriöses Vergnügen für wohlhabende Häuser.


10. Brezel
Bis Ende des 19. Jahrhunderts galt die Brezel als Fastengebäck. Die Ursprünge des Gebäcks reichen bis in die Zeit der Römer. Im 15. Jahrhundert erhielt es seinen charakteristischen Knoten. Im Mittelalter entschied in manchen Städten das Los, welcher Bäcker die Fastenspeise herstellen durfte.

Brezeln auf einem Tisch

11. Struwen
In einer Urkunde von 1090 ordnet der Bischof von Münster an, dass den adligen Frauen vom Damenstift Freckenhorst an 25 Festtagen Struwen vorgesetzt werden sollten. Heute ist der Hefepfannkuchen mit Rosinen, bestreut mit Zucker und Zimt eine traditionelle Karfreitagsspeise.


12. Fastensuppe
Ein Klassiker in unzähligen Variationen: die Fastensuppe. Hildegard von Bingen empfiehlt zwei Portionen pro Tag. Mit Gewürzen, Gemüse und Dinkelschrot angerichtet.