Gesellschaftlicher Wandel findet statt, er wird komplexer und globaler. Religionsgemeinschaften reagieren stark auf äussere Impulse wie Mitgliederschwund und Rückgang finanzieller Mittel. Die Herausforderungen sind jedoch nur mit neuen Wegen und neuem Denken zu bewältigen.
Wirtschaftliche Modelle vermischen sich mit spirituellen Aspekten: Die «Theorie U» des Ökonomen Otto Scharmer ist ein gutes Beispiel dafür. Die Zukunft zu erfühlen ist vermutlich dabei das Wesentliche. Er prägte den Begriff «Presencing», der sich aus «presence» (Anwesenheit) und «sensing» (spüren) zusammensetzt. Dadurch sollen wir unser höchstes Zukunftspotential erspüren, uns hineinziehen lassen und dann von diesem Ort aus handeln. Gerade in dieser Weise, die auch mit spiritueller Intelligenz zu tun hat, haben Religionen eigentlich eine lange Tradition.
Wir müssen dafür unser Denken wie Fühlen öffnen. Wir teilen respektvoll mit, was wir wahrnehmen. Es geht nicht um Überzeugungen oder um richtig und falsch, sondern um empathisches Zuhören und sich Einlassen auf andere. Dazu braucht es auch eine Öffnung des Willens als Ausdruck der spirituellen Intelligenz.
Den Willen zu öffnen bedeutet, Bisheriges loszulassen und sich das Nichtwissen einzugestehen, was geändert werden müsste. Diese Offenheit ist eine Voraussetzung für die Findung religiöser Orte. In der Meditation nenne ich dies «mir des Göttlichen (in mir) bewusstwerden», islamisch «dhikr»: Achtsam spüren, was aus der Urquelle (Gott) und aus der Möglichkeit der Zukunft entsteht. Diesen Zustand eine Zeit lang aushalten und intuitiv die Lösung entwickeln lassen. Gott ist uns nah und antwortet auf den Ruf des Rufenden, wie es im Koran (2:186) heisst.
Diesen religiösen «Tanz» – ein gemeinsamer – müssen spirituelle Führungspersonen auf Augenhöhe führen. Sie müssen ihn wollen und vorleben. Ansonsten finden wir einen einsamen Ort vor.