Frohes neues Jahr!
Es ist ein interessantes Phänomen, dass wir immer die Zeit feiern. Seien es Geburtstage, Jubiläen oder eben ein Jahreswechsel.
Wir leben sowohl im Raume wie auch der Zeit und doch wird der Raum kaum bis gar nie gefeiert. Speziell an dieser Tatsache ist, dass wir uns im Raume bewegen können, in der Zeit jedoch werden wir bewegt.
Der Hl. Augustinus sagte: „Das Vergangene ist nicht, denn gestern ist nicht heute, ebenso existiert die Zukunft nicht.“ Nur die absolute Gegenwart hat Existenz. Vergangenheit und Zukunft sind nur Bewegungen in der Seele - wir denken lediglich daran. Die Zeit ist nach Augustinus ganz und gar Empfindung in der Seele.
Augustinus hatte wohl noch keine genügende Vorstellung von der Geschichte, denn die Geschichte ist die Sammlung der Zeit und das Befassen mit dieser Vergangenheit bezweckt die Wissenschaft, die uns als Menschheit weiterbringt.
Wie gesagt: In der Zeit werden wir ergriffen. Wir können nicht eingreifen, wir können sie nicht aufhalten. Die Zeit ist ungnädig und trotzdem feiern wir sie.
Hierin manifestiert sich ein Ausdruck der Hoffnung. Wir Menschen wollen immer an das Gute glauben, so auch das Gute in der Zeit. Wir feiern den Jahreswechsel, um etwas Neues willkommen zu heissen und um das Alte abzuschliessen.
Aber die Natur, die wir feiern, ist nicht die vollständige Wirklichkeit. Erst in Gott, bei dem die Zeit nicht existiert, der in der Ewigkeit herrscht und lebt, finden wir die absolute Wirklichkeit.
Hierin ist wiederum unsere Hoffnung und unser Glaube an das Gute begründet. Wir hoffen auf die Ewigkeit. Wir wissen, dass das Leben einzigartig ist, denn es ist ein grosses Geschenk. Deshalb feiern wir Feste, um die Zeit, die uns geschenkt ist, zu ehren.
Hoffnung und Dankbarkeit für das Leben machen uns religiös. Wir erkennen Gott und sein Wirken in der Ewigkeit und wir hoffen auf das ewige Leben in und bei Gott.
So wünsche ich allen ein glückliches neues Jahr!
Séverine Piazza, Theologin
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