Fastenzeit – eine Reise in die Wüste

Maria Krönung-ms
In dem bekannten Karnevalslied von Jupp Schmitz heisst es: „Am Aschermittwoch ist alles vorbei“. Mit dem Aschermittwoch ist zwar Karneval vorbei und beginnt die Fastenzeit. Soll es aber bedeuten, dass wir nun in dieser besonderen Zeit auf die Lebensfreude verzichten müssen?
Ein Programm für die Fastenzeit bietet uns das Evangelium des Aschermittwochs. (Mt 6,1-6.16-18) Dort heisst es unter anderem: „Wenn ihr fastet, macht kein finsteres Gesicht“. (Mt 6,16) Die Fastenzeit ist keine Zeit der Traurigkeit und der Finsternis. Vielmehr ist sie eine Zeit der Besinnung. Damit ist sie eine Chance und ein Geschenk für uns, eine Chance auf unser Leben mal anders zu schauen. Sich besinnen beinhaltet die Frage nach Sinn – nach dem Sinn des Lebens. Der Druck und das Tempo des Alltags sind heutzutage so hoch, dass manche Menschen das Ziel ihres Lebens aus den Augen verlieren und nicht mehr wissen, wohin sie so rennen. Nur auf die Agenda zu schauen und eine Aufgabe nach der anderen zu bewältigen ist ein Syndrom der modernen Kurzsichtigkeit. Es tut uns Menschen gut, immer wieder über die Berge der Arbeit hinaus zu sehen. Es tut uns gut aus dem Schnellzug des Alltags auszusteigen und sich nach den wichtigsten Dingen zu fragen: Was ist der Sinn meines Lebens? Entspricht das, was ich tue diesem Sinn? Bin ich auf dem richtigen Kurs oder brauche ich eine Korrektur? Das ist die Besinnung, zu der uns die Fastenzeit einlädt.
Das Evangelium des ersten Fastensonntags zeigt uns ein Sinnbild für die Fastenzeit. Der Evangelist Lukas erzählt von den vierzig Tagen Jesu in der Wüste. (Lk 4,1-13) In der Wüste gibt es nicht viel. Aber gerade das macht sie so schön. Sie lässt weit, bis zum Horizont, schauen und sie lässt das hören, was man in der lauten Stadt nicht so einfach hören kann. Denn in der Stille der Wüste kann man die innere Stimme wahrnehmen, die Stimme Gottes in uns. An dem Ort, wo uns nichts ablenkt, wo es „nichts gibt“ finden wir das Wichtigste – Gott. Er kennt die Antwort auf die Frage nach dem Sinn unseres Lebens, weil er uns das Leben geschenkt hat. In seinem Sohn hat er uns diese Antwort mitgeteilt. Sie feiern wir an Ostern – die Auferstehung vom Tod zum Leben, zum ewigen Leben in Fülle.
Damit die Botschaft der Freude auch uns persönlich erreichen kann, brauchen wir eine Erfahrung der Wüste, einen Ort und eine Zeit der Besinnung und der Begegnung mit Gott.
Diese Erfahrung wünsche ich Ihnen und mir für die Fastenzeit.
Vikar Wojciech Kaszczyc
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